Naturnahes Firmengelände: Biologische Vielfalt fördern

Naturnahes Firmengelände: Biologische Vielfalt fördern
© Chinnapong / Adobe Stock

Die biologische Vielfalt, auch Biodiversität genannt, umschreibt die Vielfalt an Tier-, Insekten- sowie Pflanzenarten und deren Lebensräume. Der Rückgang der biologischen Vielfalt ist eine naturschutzfachliche Problematik. Mit der naturnahen Gestaltung von Firmengeländen kann ein positiver Beitrag zur Steigerung der biologischen Vielfalt geleistet werden. Die entsprechend naturnah gestalteten Räume haben dabei nicht nur einen ökologischen Wert, sondern können auch zu Orten der Entspannung für Mitarbeiter werden.

Was ist die naturnahe Gestaltung von Firmengeländen?

Durch die naturnahe Gestaltung von Firmengeländen können Lebens- und Nahrungsräume für die Tier-, Insekten- und Pflanzenwelt geschaffen werden. Naturnähe wird dabei insbesondere durch die Verwendung heimischer und standortgerechter Pflanzen und Materialien erreicht. Eine Auflistung und Beschreibung möglicher naturnaher Maßnahmen finden Sie im Kapitel „Welche naturnahen Maßnahmen können umgesetzt werden?“.

Grundsätzlich kommen für eine naturnahe Gestaltung unterschiedliche Flächen auf dem Firmengelände in Frage. So können Freiflächen, Parkplätze, Dächer oder Hausfassaden naturnah gestaltet werden. Besonders eignen sich Flächen, die nicht mehr baulich genutzt werden sollen oder nicht für eine bauliche Nutzung geeignet sind. Letzteres ist insbesondere bei ungünstig geschnittenen Grundstücken bzw. Restflächen der Fall.

Welche naturnahen Maßnahmen können umgesetzt werden?

Für die naturnahe Gestaltung eines Firmengeländes bieten sich eine Reihe von unterschiedlichen Maßnahmen an. Diese Maßnahmen unterscheiden sich teilweise erheblich hinsichtlich der Herstellungskosten sowie des zeitlichen und organisatorischen Aufwands für die Umsetzung. Doch wie können solche Maßnahmen aussehen? Die nachfolgende Auflistung soll Ihnen einen ersten Überblick verschaffen:

Extensive und intensive Gründächer

Bei extensiv genutzten Gründächern werden Pflanzen verwendet, die standhaft gegenüber extremen Klimabedingungen, wie Hitze, Trockenheit und Kälte sind. Dadurch sind sie in der Regel mit keinem großen Pflegeaufwand verbunden. Aufgrund der geringen Substratstärke kann ein extensiv genutztes Gründach oft auch nachträglich auf einer Bestandsbebauung eingerichtet werden.

Auf intensiven Gründächern können verschiedene Pflanzenarten, wie auch Bäume, gepflanzt werden, da ein höherer Substratauftrag vorhanden ist. Intensivdächer unterscheiden sich in ihrer Gestaltung oft kaum noch von einem klassischen Garten.

Durch die extensiven als auch intensiven Gründächer werden Lebens- und Nahrungsräume für zahlreiche Tier-, Insekten- und Pflanzenarten geschaffen. Eine umfassende Übersicht über weitere – auch wirtschaftliche – Vorteile für Ihr Unternehmen finden Sie in unserem Beitrag zur „Dachbegrünung bei Gewerbebauten“.

Fassadenbegrünung

Auch durch die Begrünung von Fassaden, beispielsweise von Lager- oder Fabrikhallen, können sowohl Lebens- als auch Nahrungsräume für zahlreiche Tier-, Insekten- und Pflanzenarten geschaffen werden. Darüber hinaus bringt die Fassadenbegrünung neben den ökologischen Vorteilen auch weitere positive Effekte mit sich. So kann ein schnelles Aufheizen, als auch ein schnelles Abkühlen der Gebäude verhindert werden. Damit können Energie eingespart und Kosten reduziert werden. Zudem verbessert sich die Luftqualität im Umfeld durch die Filtration von Feinstaubpartikeln.

Blüh- bzw. Blumenwiese

Anstelle einer einfachen Rasenfläche kann als naturnahe Maßnahme eine artenreiche Blüh- bzw. Blumenwiese angelegt werden. Die Blüh- bzw. Blumenwiese kann als Lebensraum für insbesondere Insekten- und Kleintierarten fungieren und einen Beitrag zur biologischen Vielfalt leisten. Auch hierbei lassen sich nicht nur ökologische Vorteile ausmachen. Neben der Ästhetik einer bunten und blumenreichen Wiese, muss diese auch insgesamt weniger gemäht und gewässert werden. Hierdurch reduziert sich der Pflegeaufwand erheblich.

Nistkästen

Mit der Aufstellung von Nistkästen werden Rückzugs-, Überwinterungs- und Nisträume für unter anderem Vögel geschaffen. Die Nistkästen sichern das Überleben, da viele Vögel häufig keine passenden Quartiere finden.

Trockenmauern

Trockenmauern werden durch das lose Aufeinanderstapeln von größeren Steinen hergestellt. Auf diese Weise entstehen in den Hohlräumen Nischen für Tier-, Insekten- und Pflanzenarten, die Schutz bieten.

Insektenfreundliche Außenbeleuchtung

Außenbeleuchtungen auf Firmengeländen stellen für viele Insektenarten eine Gefahr dar, denn hierdurch kann der natürliche Lebensrhythmus gestört werden. So schwirren beispielsweise viele Insekten so lange um eine Lichtquelle herum, bis sie vor Erschöpfung sterben. Durch eine optimierte Planung der Bereiche, die eine Beleuchtung erfordern, lässt sich das Vorhandensein künstlichen Lichts reduzieren. Idealerweise kommen hierbei zusätzlich Bewegungsmelder zum Einsatz. Diese stellen sicher, dass die Beleuchtung nur im notwendigen Fall eingeschaltet ist. Die eigentliche Lampe sollte zudem nur nach „unten“ leuchten, um den Radius der Anziehungskraft von Insekten zu minimieren. Darüber hinaus sollte Wert auf das richtige Leuchtmittel gelegt werden. Insektenfreundlich sind insbesondre LED-Leuchten mit einem warmweißen Licht.

Welche Chancen bietet die naturnahe Gestaltung von Firmengeländen?

Die naturnahe Gestaltung bietet neben den offensichtlichen ökologischen Vorteilen auch eine Reihe von ökonomischen Benefits. Diese sollten bereits bei Auswahl der Maßnahmen und deren Planung mitgedacht werden.

  • Ausgleichsfläche: Durch die Umsetzung von Maßnahmen zur naturnahen Gestaltung von Firmengeländen können Ökopunkte gewonnen werden. Diese wiederum können als Ausgleich angerechnet werden, wenn Sie zu einem späteren Zeitpunkt Ihre Betriebsgebäude erweitern möchten und für diese Baumaßnahme ausgleichspflichtig wären. Der Kosten- und Zeitspareffekt liegt auf der Hand.

  • Ökopunkte als Wirtschaftsgut: Sofern die durch die naturnahe Aufwertung erzielten Ökopunkte nicht für den Ausgleich eigener baulicher Maßnahmen benötigt werden, können diese in einem Ökokonto angelegt und verkauft werden. Ökopunkte sind damit ein Wirtschaftsgut.

  • Energie- und Abwasserkosten sparen: Mit der Dachbegrünung als naturnahe Maßnahme können einerseits Abwassergebühren eingespart werden. Die Einsparpotenziale sind je nach kommunaler Satzung unterschiedlich. Eine Reduzierung von 50 % der Regenwassergebühren ist üblich. Andererseits können die Energiekosten reduziert werden, da die Dachbegrünung eine Wärmedämmwirkung besitzt und gleichzeitig bei hohen Temperaturen Schutz vor Hitze bietet.

  • Geringer Pflegeaufwand: Bei einigen naturnahen Maßnahmen, wie zum Beispiel einer Blühwiese, liegt insgesamt ein geringerer Pflegeaufwand vor als bei einer einfachen Rasenfläche. Im Vergleich zu einer einfachen Rasenfläche wird eine Blühwiese deutlich weniger gemäht.

  • „Grünes Image“: Die Umsetzung von naturnahen Maßnahmen auf dem Firmengelände kann als „grünes Image“ positiv für das Firmenimage und damit für Kommunikations- und Marketingzwecke genutzt werden.

  • Attraktivitätssteigerung: Mit der naturnahen Gestaltung eines Firmengeländes kann das Arbeitsumfeld attraktiv aufgewertet werden. Hierdurch entsteht für die Mitarbeiter eine attraktive Arbeitsumgebung, die zur Steigerung der Mitarbeitermotivation beiträgt.

Was ist bei der naturnahen Gestaltung von Firmengeländen zu beachten?

Wenn eine vormals bebaute Fläche naturnah gestaltet werden soll, empfiehlt es sich, den Ausgangszustand der Fläche zu dokumentieren und festzuhalten. Das ist beispielsweise für die Errichtung eines „Ökokontos“ oder die Anrechnung der naturnahen Maßnahmen als Kompensation bedeutsam. Auf einem „Ökokonto“ können naturnahe Maßnahmen in der Währung „Ökopunkte“ gutgeschrieben werden. Diese können zu einem späteren Zeitpunkt für die Errichtung von baulichen Anlagen und die dabei notwendig werdenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Kompensationsmaßnahmen) herangezogen werden.

Der Ausgangszustand ist darüber hinaus ebenfalls wichtig, wenn für die naturnah gestaltete Fläche „Natur auf Zeit“ in Anspruch genommen werden soll, die in NRW als Ausnahmeregelung gilt. Wird diese in Anspruch genommen, wird bei der Aufwertung einer vormals bebauten Fläche der Ausgangszustand ermittelt. Soll die Fläche dann nach einer bestimmten Zeit wieder bebaut werden, gilt es den vormals ermittelten Ausgangszustand auszugleichen und nicht das beispielsweise in der Zwischenzeit entstandene Biotop.

Bevor Sie solche vorgezogenen Kompensationsmaßnahmen planen, sollten Sie diese in jedem Fall mit der Unteren Naturschutzbehörde absprechen. Die Unteren Naturschutzbehörden sind bei den Kreisen und kreisfreien Städten angesiedelt.

Wie und wo ein Ökokonto eingerichtet wird, wie Sie sich vorgezogene Kompensationsmaßnahmen anrechnen lassen können und weitere Regelungen in diesem Kontext finden Sie in der Verordnung über die Führung eines Ökokontos nach § 32 des Landesnaturschutzgesetzes (Ökokonto VO)

Darüberhinausgehende Informationen zu der Frage, was bei der naturnahen Gestaltung von Firmengeländen zu beachten ist, finden Sie in unserem Leitfaden „Naturnahe Gestaltung von Firmengeländen“.

Welche Risiken können bei der naturnahen Gestaltung von Firmengeländen auftreten?

Die Umsetzung naturnaher Maßnahmen birgt auch gewisse Risiken, die berücksichtigt werden sollten:

  • Erhöhter Ausgleichsbedarf: Durch eine naturnahe Gestaltung findet in der Regel eine ökologische Aufwertung der Fläche statt. Sollte diese Fläche nur vorübergehend naturnah gestaltet und in Zukunft einmal einer baulichen Nutzung zugeführt werden, so wird hierfür in der Regel ein höherer Ausgleich fällig sein. Denn jede Baumaßnahme muss ökologisch ausgeglichen werden. Für die Bewertung des ökologischen Ausgleichs wird dabei der Status Quo, also der aufgewertete Zustand herangezogen.  Diesem Risiko können Sie vorbeugen, indem Sie den zuvor erwähnten Ausgangszustand ermitteln lassen und den naturschutzfachlichen Mehrwert als „Natur auf Zeit“ im Vorfeld anerkennen lassen.

  • Bildung geschützter Biotope: Wenn eine Fläche naturnah gestaltet und/oder sich selbst überlassen werden soll, besteht das Risiko, dass sich ein gesetzlich geschütztes Biotop entwickelt. Bestimmte naturschutzfachlich besonders wertvolle Biotope werden automatisch per Gesetz geschützt. Die dann entstandenen Biotope dürfen nicht mehr zerstört werden. Von diesem Verbot kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden. Es empfiehlt sich daher, die betreffende Fläche von einem Fachplaner oder -gutachter dahingehend analysieren zu lassen, ob dieses Potenzial zur Entwicklung eines gesetzlich geschützten Biotops haben könnte.

  • Ansiedlung geschützter Arten: Es besteht das Risiko, dass sich eine geschützte Art auf einer naturnah gestalteten Fläche ansiedelt. Wenn es sich um eine Reservefläche handelt, die nach einer Phase der naturnahen Gestaltung wieder oder erstmals baulich oder anderweitig genutzt werden soll, können hierdurch Probleme auftreten. Es besteht die Gefahr, geschützte Arten zu töten, zu verletzen oder kostspielige Ausgleichsmaßnahmen durchführen und hierfür Flächen beschaffen zu müssen. Beobachten Sie daher die naturnah gestalten Flächen genau. Sollte sich dort eine geschützte Art angesiedelt haben, so empfiehlt es sich, die rechtlichen Auswirkungen frühzeitig mit der Unteren Naturschutzbehörde abzuklären und das Ergebnis schriftlich zu dokumentieren.